Ein kurzweiliger Online-Talk ersetzte notgedrungen den diesjährigen Automotive-Gipfel. In knapp einer Stunde gaben Matthias Zink, Vorstand Automotive OEM der Schaeffler AG und Dr. Martin Koers, Geschäftsführer beim VDA, geballte Informationen über die Situation in der Automobilindustrie an mehr als 50 Zuhörer weiter.
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Standesgemäß aus dem geparkten Auto zugeschaltet, gab Matthias Zink einen Überblick über die aktuelle Situation und die Zukunftsaussichten der Schaeffler AG. Nachdem 2019 bereits ein Jahr des Abschwungs, mit nur noch 88,9 Mio weltweit produzierten PKW war, hat sich der Markt 2020 um mehr als 17% auf 73,6 Mio Fahrzeuge weiter drastisch reduziert. Inmitten von Krise und Transformation bauen Hersteller und Zulieferer Stellen ab - auch Schaeffler. Die bereits 2017 formulierte Erwartung der Zusammensetzung der weltweit produzierten Antriebstechnologien von 30% rein elektrischen Fahrzeugen, 40% Hybriden und 30% Verbrennern gilt für Schaeffler nach wie vor. Beeinflusst werden könnte die Aufteilung von verschärften CO2-Reduzierungen, die derzeit diskutiert werden. Die Strategie von Schaeffler ist, Komponenten, sowie mechanische, mechatronische und elektrische Systeme, zunehmend für Elektroautos zu liefern. Angestrebt wird ein Systemverständnis auf Fahrzeugebene, sichtbar beispielsweise beim People Mover. Der Kuchen insgesamt wird kleiner, weil die OEM Systeme in eigener Regie bauen. Dies nicht zuletzt bedingt durch den Druck, Arbeitsplätze in den eigenen Werken zu erhalten. Die Corona-Krise hat die Transformation beschleunigt und nahezu alle großen Hersteller bekennen sich offensiv zu elektrischen Antrieben und planen hohe Produktionszahlen. Tesla alleine will im Jahr 2030 die phantastische Zahl von 20 Millionen Fahrzeugen bauen. Schaeffler beteiligt sich an Forschungsprojekten und investiert auch in die Brennstoffzellentechnologie. Die starke Aussage „Der Elektromotor der Zukunft ist noch nicht erfunden“ zeigt, welche Anstrengungen auf unsicherem Terrain für die Zulieferer noch zu bewältigen sind.
VDA-Geschäftsführer Dr. Martin Koers zeigte mit seinem Beitrag „Beispiellose Krise trifft beispiellose Transformation“ auf, in welchem Dilemma die ganze Branche derzeit steckt. Nie dagewesen ist die Situation, dass weltweit und gleichzeitig sowohl Angebots- als auch Nachfrageseite auf nahezu Null heruntergefahren waren. In Deutschland werden 2020 wohl 25% weniger Fahrzeuge produziert als 2019 – dem Jahr, das schon das niedrigste Produktionsniveau seit 1996 aufweist. Schockierende Zahlen, die sich in den nächsten Jahren nur langsam erholen werden. Die Zulassungszahlen zeigen auch, dass die EU und vor allem Deutschland die Vorreiterrolle bei elektrischen Antrieben übernommen haben, während die Werte in den USA und China stagnieren. Letztlich sind es die politischen Vorgaben, die den Weg für E-Fahrzeuge ebnen. Technologieoffenheit sieht anders aus. Jede Antriebsart hat für unterschiedliche Nutzerprofile ihre eigenen Vorteile und kann dabei trotzdem den Klimaschutz im Fokus behalten. Klimaschutz muss im Vordergrund stehen, aber die beste Lösung entsteht nicht durch Vorgaben. Eine Position, die sehr viele der Zulieferer teilen. Immerhin 41% der Zulieferer gaben bei einer VDA-Umfrage an, dass sie an der Transformation hin zur Elektromobilität nicht partizipieren können.
Zum Abschluss seines Vortrags warb Dr. Koers noch für die neue IAA, die im September 2021 erstmals in München stattfindet und neben B2B-Hallen, dem Summit, die ganze Stadt mit attraktiven Plätzen und einer Teststrecke einbezieht. Der wvib widmet der neuen IAA wieder eine Chefsache - selbstverständlich unterstützt vom VDA und Dr. Koers persönlich.
Die Talkrunde zum Schluss drehte sich hauptsächlich um Fragen zur politisch induzierten fehlenden Technologieoffenheit, zum Stellenwert und den Chancen der Wasserstofftechnologie und warum die Hersteller mit Vehemenz auf den Zug der batteriebetriebenen Elektromobilität aufspringen.
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