Liebe Chefs der Schwarzwald AG,
der große Staatsdenker Max Weber (1862-1920), der auch einige Zeit in Freiburg lehrte, hat es kommen sehen: „Wir werden alle den Kältetod der Bürokratie sterben“, befürchtete der Nationalökonom schon vor weit über hundert Jahren. In der Tat ist es beim Thema Bürokratie weltweit schon recht kühl geworden.
Ein durchschnittliches mittelständisches Unternehmen muss inzwischen rund 25 Beauftragte für alle möglichen und unmöglichen Themen von Arbeitssicherheit bis Zoll vorhalten, bezahlen und schulen. Unzählige Normen und QM-Systeme füllen Aktenordner und Kostenstellen. Der Staat nutzt die Unternehmen beim komplexen Inkasso von Steuern und Sozialabgaben als Gratisdienstleister. Allein bei einem normalen Bewerbungsverfahren gibt es dutzende Dokumentationspflichten und noch mehr Fallstricke für die sogenannten AGG-Surfer, die die ursprünglich gutgemeinten Schutzrechte überdehnen und missbrauchen.
Natürlich ist auch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht unbedingt ein Beitrag für ein unbürokratischeres Leben. In den letzten Wochen haben wir alle jede Menge E-Mails bekommen, wonach wir alle einzeln zustimmen müssen, ob uns der Steuerberater, Fleurop usw. weiterhin anschreiben darf. Jeder Smartphone-Besitzer, der Firmenadressen dort speichert, wurde vor dem Gesetz zum arglosen Komplizen von Google, Facebook und WhatsApp. Unternehmensberater freuen sich über einfaches Geschäft und Abmahnvereine reiben sich die Hände über der leichten Beute, die ihnen ein politisch-korrektes Brüssel und ein überforderter Mittelstand beschert. (Natürlich haben wir auch ein Notfall-Paket für Sie geschnürt.)
Facebook und WhatsApp fragen jeden User beim Einloggen, ob er lieber sein altes Facebook oder lieber die neue Datensouveränität hätte. Wir ahnen, wie die Kunden abstimmen werden und was der ganze Zauber dann wert war. Max Weber wird es im Grabe ordentlich frösteln und zum Schluss tritt ein, was öfter der Fall ist: Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.
Einen nervenstarken Juli wünscht Ihnen
Ihr
Dr. Christoph Münzer